Treffpunkt und Erlebnisort

    2017 war für das Stadtmuseum Aarau mit 35‘500 Besucherinnen und Besuchern ein Rekordjahr. Leiterin Kaba Rössler und ihr 12-köpfiges Team veranstalten spannende interaktive Ausstellungen und Events für alle Generationen und Nationalitäten. Keine Spur mehr vom verstaubten Image, das Museen früher hatten.

    (Bild: zVg) Das Stadtmuseum auf dem Schlossplatz Aarau mit dem Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert und dem 2015 fertiggestellten Neubau

    Das Museum Aarau ist schon optisch spektakulär. Neben dem Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert steht der markante Neubau der Diener & Diener Architekten Basel, der 2015 errichtet wurde. Inklusive Renovationen der alten Gemäuer kam er auf 14 Millionen Franken zu stehen. «Es brauchte viel Überzeugungsarbeit bei der Bevölkerung, um das Projekt durchzubringen», erinnert sich Kaba Rössler. Sie ist seit 2006 Museumsleiterin. Damals stand die Erweiterung der Ausstellungsräume im «Schlössli», wie der Wehrturm von der Aargauer Bevölkerung genannt wird, schon auf dem Plan. Eine spannende Herausforderung für die heute 57-jährige Zürcherin, die Geschichte und Filmwissenschaften studiert hat. «Wann bekommt man schon die Gelegenheit, ein ganzes Museum neu zu konzipieren», meint sie lachend. Beide Flügel des grossen Eingangstors werden im Sommer geöffnet. Dann verbindet sich der Aussenraum der Stadt praktisch nahtlos mit dem Museum. Das Foyer ist ein Begegnungsort für alle. Viele nehmen ihren Lunch mit und verbringen die Mittagspause in der Eingangshalle. Die lebendige Atmosphäre hat rein gar nichts mehr zu tun mit den Erinnerungen an alte Museen, ihre muffigen Räume, strengen Wächter und ehrfurchtsvoll flüsternden Besucher.

    (Bild: ub) Kaba Rössler, Leiterin Stadtmuseum, mit Objekten der Austellung ‹100 x Aarau›

    Früher Bad – heute Bank
    Rössler und ihre Crew stecken mitten in den Vorbereitungen zur neuen Ausstellung «Das illustre Inventar», die bis zum 25. Februar 2018 Aufnahmen von Eduard Müller zeigt. Der Inhaber eines Schirmgeschäfts an der Rathausgasse lichtete die Stadt Aarau, den Flussverlauf der Aare von der Quelle bis zur Mündung und Aargauer Schlösser in einer Zeit ab, als die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte. Urenkel Martin Kundert hütete die Glasplatten und Diapositive auf dem Estrich. Nach der Pensionierung begab er sich auf die Spuren seines Vorfahren und fotografierte jedes Motiv neu. Untereinander platziert geben die Bilder einen Einblick, wie stark sich die Region in den letzten ca. 150 Jahren verändert hat. Wo einst die öffentliche Badeanstalt von Aarau war, steht heute die Cembra Money Bank.

    Das Birchermüesli stammt aus Aarau
    Die Dauerausstellung «100 x Aarau» im alten Teil des Stadtmuseums erzählt Geschichten von Aarauerinnen und Aarauern aus sieben Jahrhunderten bis heute. Objekte und Kurzporträts geben Einblick in ihr Leben. Da verbindet sich beispielsweise ein Koffer mit der Geschichte einer Immigrantin aus Italien, die mit nichts als diesem Gepäcksstück nach Aarau kam. Ihr Sohn Carlo Mettauer ist heute im Stadtrat. Eine Raffel weist auf die Biographie von Max Bircher-Benner hin. Ja, auch der Erfinder des Birchermüeslis wohnte in Aarau. Von der ersten Computerexpertin über die filmende Köchin, einen lebenslustigen Fabrikanten, den heutigen SP-Politiker bis zur weitgereisten Nonne, die Bevölkerung der Kantonshauptstadt war und ist vielfältig und spannend. Die Entdeckungstour durch 24 Räume führt Besucherinnen u.a. in das riesige Archiv von Heinrich Zschokke. Er war Herausgeber des Schweizer Boten, der allerersten Zeitung für das breite Publikum. Das Dachgeschoss im «Schlössli» ist eine begehbare Camera Obscura, die nicht nur Sehgewohnheiten des Publikums, sondern auch die Stadt auf den Kopf stellt.

    Pressebilder aus dem Ringier-Archiv
    Rund sieben Millionen Pressebilder aus der Zeit zwischen den 1930er Jahren und 2000 lagern im Aargauer Staatsarchiv. Sie decken die gesamte Geschichte der analogen Pressefotografie des Ringier Verlagshauses ab. Das Stadtmuseum vermittelt regelmässig Auszüge davon in thematischen Wechselausstellungen. Die anregende und unterhaltsame Vermittlung von Geschichte und Vergangenheit ist für Rössler wichtig. «2015 zeigten wir in unserer Eröffnungsausstellung über Demokratie, wie hart man für das heute selbstverständliche Mitspracherecht kämpfen musste. Wir wollen gerade der jungen Generation unbedingt weitergeben, dass nichts von selbst kommt. Man muss sich wehren, wenn einem etwas wichtig ist. Nur wer sich engagiert kann die Welt verändern.»

    Crash-Kurs in Arabisch
    Einer von vielen Events im Stadtmuseum Aarau: Am 20. Januar 2018 machen Schlüsselpersonen der Integrationsstelle Führungen in ihrer Muttersprache. Aber auch Schweizerinnen und Schweizerinnen können daran teilnehmen und in Crash-Kursen erste Worte und Sätze in Persisch, Arabisch, Türkisch, Portugiesisch oder Spanisch lernen.

    Im Stadtmuseum kann übrigens geheiratet werden. 32 Paare vermählten sich letztes Jahr im speziell für Hochzeiten vorgesehenen Trauungsraum.

    Ursula Burgherr

    Weitere Infos zu den Ausstellungen, Events und Öffnungszeiten: www.stadtmuseum.ch

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