Warum sind Linke und Grüne so intolerant?


    Kolumne – Gut gesagt


    Eine internationale Studie zeigt: Linke und radikale Ökologen sind besonders feindselig gegenüber Andersdenkenden. Versuch einer Ursachenforschung.

    (Bild: Nathan Beck)

    Diese Studie gibt zu reden. Sie heisst «Polarisierung in Deutschland und Europa», verfasst hat sie ein Team um Prof. Dr. Hans Vorländer von der Technischen Universität Dresden. Mittels einer Umfrage in zehn europäischen Ländern wollten die Wissenschaftler herausfinden, wie tolerant oder intolerant bestimmte Personengruppen gegenüber Menschen mit abweichender Meinung sind. Die Resultate sind eindeutig – und für manche verblüffend: Denn es schneiden ausgerechnet jene am schlechtesten ab, die sich selbst gerne als Verkörperung der aufgeklärten Toleranz sehen – die gutausgebildeten, gutverdienenden, politisch eher links stehenden Akademiker in den Städten. Sie seien «am stärksten polarisiert». Demgegenüber sind Menschen mit mittlerem Bildungsstand in ländlichen Regionen signifikant weniger polarisiert, sprich: viel toleranter im Umgang mit abweichenden Meinungen.

    Es stimmt also nicht, dass die mehrheitlich bürgerlich und gewerblich geprägte Landbevölkerung vorurteilsbeladen, engstirnig oder verschlossen wäre. Im Gegenteil: Als ausgesprochen feindselig gegenüber politischen Gegnern und Andersdenkenden erwiesen sich «die Wählerinnen und Wähler von linken bis linksextremen sowie grünen und ökologischen Parteien», heisst es in der Studie.

    Europäer wollen Zuwanderung begrenzen
    Darüber hinaus bietet die Untersuchung aufschlussreiche Erkenntnisse zur Einstellung der europäischen Bevölkerung zu Sachfragen, insbesondere zur Zuwanderung, die auch in der Schweiz im aktuellen Wahlkampf heiss diskutiert wird. Die Befragten erhielten die Möglichkeit, zwischen einer liberalen und einer restriktiveren Zuwanderungspolitik auszuwählen und dies auf einer 11-Punkte-Skala zwischen 0 («Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer sollten erleichtert werden») und 10 («Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer sollten eingeschränkt werden») zu markieren.

    Dabei überwiegt die zuwanderungskritische Position deutlich. Europaweit sprachen sich 55 Prozent mehr oder weniger vehement für eine Begrenzung der Zuwanderung aus. Nur 25 Prozent waren gegenteiliger Auffassung. 17 Prozent liessen hingegen «die grösstmögliche Bevorzugung einer restriktiven Migrationspolitik» erkennen. In mehreren Ländern wollen bis zu zwei Drittel die Zuwanderung eindämmen.

    Freiheitsrechte werden hochgehalten
    Interessant sind auch die Ergebnisse zu den staatlichen Covid-Massnahmen. Bei der Wahl zwischen den Aussagen «Zur Bekämpfung einer Pandemie wie Covid-19 halte ich weitreichende Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen für notwendig» und «Zur Bekämpfung einer Pandemie wie Covid-19 lehne ich Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen grundsätzlich ab» ergab sich europaweit eine relative Mehrheit von 40 Prozent, die Eingriffe in die Freiheitsrechte ablehnt. 37 Prozent sind eher gegenteiliger Auffassung. Rund ein Fünftel der Befragten positionierte sich in der Mitte. Die Bürger der EU-Staaten konnten über die Massnahmen nicht abstimmen – doch diese Resultate zeigen, dass sie es in Volksabstimmungen durchaus schwer gehabt hätten.

    Vorbild Voltaire
    Doch zurück zum Thema «Polarisierung». Warum neigen gerade Linke und Grüne zu Intoleranz in politischen und weltanschaulichen Fragen? Eine Ursache dürfte darin liegen, dass sie häufig meinen, das Gute zu vertreten. Diese Moralisierung würde dann ironischerweise zum Gegenteil eines moralischen und weltoffenen Verhaltens führen. Der politische Gegner wird zum Feind, dem man am liebsten den Mund verbieten würde und den man als «Klimaleugner», «Corona-Leugner» oder «rechtsextrem» diffamiert. Bei den radikalen Öko- und Klimafanatikern kommt hinzu, dass sie in ihrem Wahn den Weltuntergang kommen sehen – was nicht zu einer entspannten Haltung einlädt.

    Da halten wir uns doch lieber an Voltaire, der gesagt hat: «Monsieur, ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.» In diesem Sinne plädiere ich für eine harte, aber faire und vor allem sportliche Debatte!


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    Zur Person:
    Dr. Philipp Gut ist Journalist, Buchautor, Verleger der «Umwelt Zeitung» und Inhaber der Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH (www.gut-communications.ch). Er kandidiert für die SVP Aargau für den Nationalrat.

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