Zwischen Madame Bovary und Anna Karenina

    Die Autorin Simone Meier präsentiert kürzlich im Pestalozzischulhaus Aarau im Rahmen der Lesungen der «die literarische aarau» ihren neuen Roman «Kuss».

    (Bild: zVg) Autorin Simone Meier war Gast der «Literarischen Aarau».

    Liebe ist wie Literatur: sie macht Vertrautes fremd und verfremdet Vertrautes. Die Liebe steht denn auch im Zentrum des neuen Romans der Zürcher Journalistin und Autorin Simone Meier, die in der Aula des Aarauer Pestalozzischulhauses gelesen hat. Sie war Gast der «Literarischen Aarau», die mit dieser ersten von drei Matinée-Lesungen das diesjährige Programm eröffnet hat. Im Gespräch mit der Kulturjournalistin Ursula Meier von der Literarischen Aarau vergleicht die Autorin ihr eigenes Schreiben mit dem Verlieben. Unter der Woche als Journalistin müsse sie sich bis zum Wochenende von den Figuren verabschieden. Das erzeuge eine Art Liebeskummer.

    Einen ähnlichen Liebeskummer fühlt die Hauptfigur Gerda. Sie ist mit Yann an den Stadtrand gezogen. Beides klassische (Schweizer) «Grossstädter», führen sie ein kleinbürgerliches Leben. Yann gibt sich «urban» und mag IKEA wegen der coolen Werbung. Gerda aber ist nicht so cool drauf. Sie kaschiert ihre Arbeitslosigkeit mit dem Umbau des frisch bezogenen Hauses und entwickelt eine imaginäre Beziehung zu Alex. Diese unglückliche, eingebildete Liebe, so die Autorin, belege prototypisch die Fragilität auch einer zeitgenössischen Frauenexistenz.

    Sie nennt zum Vergleich Tolstois «Anna Karenina» und Flauberts «Madame Bovary». Etwas von der Unentrinnbarkeit dieser beiden Frauenschicksale wollte Simone Meier auch in ihre Geschichte einfliessen lassen. Das Scheitern von Anna und der Bovary sei wirtschaftlich bedingt, weil deren eigentliche grosse Liebe sie wirtschaftlich ruiniert. Ähnlich sei dies bei Gerda, so Simone Meier, auch wenn Gerda keine Suizid- aber doch Ausbruchfantasien entwickle.

    Der Saal dankte der Autorin mit grossem Applaus. Zum Schluss verriet die in Schöftland aufgewachsene Simone Meier noch ein Geheimnis: Ihr Vater habe sie als Kind jeweils, so ihre Wahrnehmung, in zwei Grossstädte mitgenommen. Basel und − genau: Aarau.

    www.literarischeaarau.ch

    Lukas Tonetto


    Nächste Lesungen

    Christian Haller und Tim Krohn lesen am Sonntag, 16. Februar 2020, respektive 8. März, jeweils um 11 Uhr im Pestalozzischulhaus Aarau.

    Vorverkauf:
    Buchhandlung Kronengasse Aarau
    Tel. 062 824 18 44
    www.kronengasse.ch

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